Erfolgreiche Teilnahme beim Landes- und Bundeswettbewerb Philosophischer Essay

7 Schülerinnen und Schüler der Q1 ausgezeichnet

„SAPERE AUDE!“*

(*nach Immanuel Kant: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“)

In guter Tradition haben auch in diesem Schuljahr wieder Oberstufenschüler*innen der Philosophiekurse der Q1 unserer Schule erfolgreich am Landes- und Bundeswettbewerb Philosophischer Essay teilgenommen.

Der von der Bezirksregierung ausgeschriebene Wettbewerb ermutigt dazu, eigene philosophische Überlegungen zusammenhängend in Form eines Essays zu formulieren und sich dabei selbstständig und kritisch argumentierend mit grundlegenden Themen und Fragestellungen zu beschäftigen.

Die positive Erfahrung begründeten Zweifelns steht dabei ebenso im Fokus wie das Fördern von Kreativität und Innovation im Denken.                                                                                                                                                                                              

Im Spätherbst letzten Jahres wählten die Schüler*innen aus einem Fundus von vier vorgegebenen Themen (siehe unten) eines zur Bearbeitung aus und verfassten einen etwa vierseitigen schriftlichen philosophischen Essay. Im Anschluss bestimmten die Philosophielehrkräfte der JKG Daniela Biermann und Alexander Becker die besten Essays aus beiden Philosophiekursen und übermittelten diese der Landesjury. Im April konnten sich dann Merle Budde, Lilly Keisinger, Carolin Lamberz, Marlene Mey, Dean Naylor, Nick Olson und Eilin Tepe über die Überreichung der Zertifikationsurkunden für die erfolgreiche Teilnahme am diesjährigen Wettbewerb freuen.

Die prämierten Teilnehmer*innen reflektierten, analysierten und bewerteten in ihren Ausführungen eigenständig das von ihnen gewählte Thema; dabei bewiesen sie nicht nur methodisch ihre analytischen Fähigkeiten, sondern demonstrierten ebenso eine kritische Haltung, berücksichtigten anthropologische Prämissen und ethische Implikationen.

Im Namen der Fachschaft Philosophie und der gesamten JKG: Herzlichen Glückwunsch zur Urkunde!

Als besonderes Highlight in diesem Jahr stellte sich heraus, dass unsere Schülerin Marlene Mey als eine der 26 besten Essayschreiber*innen der Landeswettbewerbe zum Bundesentscheid und zu einer philosophischen Winterakademie vom 20.-23.02.2024 nach Münster eingeladen wurde. An der Winterakademie werden erneut Essays geschrieben (in vier Zeitstunden, wahlweise auf Englisch oder auf Französisch), philosophische Vorträge gehört sowie in Workshops gearbeitet und diskutiert. Wer möchte, kann den eingesendeten Essay Marlenes unten angehängt lesen. Viel Spaß dabei!

Wir freuen uns über die herausragende Leistung von Marlene – Herzlichen Glückwunsch dazu!

Themen des Bundes- und Landeswettbewerbs Philosophischer Essay 2023/24:

  1. "Ist der Mensch Gast oder Gastgeber?"
  2. "[…] Trauer [macht] die soziale Verfasstheit des Selbst erfahrbar. Allerdings werden nicht alle Leben gleichermaßen betrauert, wodurch man denen, deren Leben nicht als betrauernswert gilt, das Menschsein aberkennt." (Jule Govrin, Judith Butlers Ethik der Verwundbarkeit, in: Information Philosophie, 2/2021, S. 111.)
  3. "Die Welt der Kunst & Fantasie ist die wahre, the rest is a nightmare." (Arno Schmidt)
  4. "Gerechtigkeit wurzelt in dem spezifischen Verständnis von Positionen, Ehrungen, Tätigkeiten [...]: von all den Dingen, die eine gemeinsame Lebensweise ausmachen. Sich über dieses Verständnis rücksichtslos hinwegzusetzen, heißt ungerecht zu handeln." (Walzer, Michael (1998): Sphären der Gerechtigkeit. Ein Plädoyer für Pluralismus und Gleichheit. Frankfurt am Main, S. 442-443.)

Die Welt der Kunst und Fantasie: Zwischen Wahrem und Albtraum

Die Welt der Kunst und der Fantasie ist die wahre, the rest is a nightmare.

Arno Schmidt

In der Welt der Kunst und Fantasie entfaltet sich eine Realität jenseits der Alltäglichkeit, in der Kreativität fließt und die Grenzen des Möglichen herausgefordert werden. Hier manifestiert sich eine wahre Schönheit, während die übrige Welt oft von den Albträumen des Alltags geprägt ist. Kunst ermöglicht uns, dem Fluss der Fantasie zu folgen und in einer Welt der Möglichkeiten zu leben, wo die Grausamkeiten der Realität in den Hintergrund treten. Doch ist es wirklich eine Flucht oder vielmehr eine Erweiterung unseres Verständnisses von Wirklichkeit? Ich wache auf, jedenfalls denke ich das. Mein Körper fühlt sich starr an, ich setze mich auf und denke an meinen Traum zurück. Es war wunderschön. Ich und meine Freunde verbrachten den Tag am Meer. Spielten Volleyball, sonnten uns, tranken Cocktails und alles war friedlich. Doch jetzt? Ich sitze in meinem Zimmer, es ist etwas kalt und mir fällt ein, dass ich heute noch Klausur schreiben muss. Es geht los - mein Alltag. Ich stehe, wie jeden Morgen, um sechs auf und nehme eine kalte Dusche, frühstücke ein Brot mit Käse und fahre zur Schule. Wie jeden Tag versuche ich mich zu konzentrieren, dies allerdings wie immer ohne Erfolg. Inmitten der künstlerischen Schöpfung und der Fantasie erleben wir eine Befreiung von den Fesseln der Nüchternheit. Die Welt der Kunst öffnet Tore zu neuen Dimensionen, in denen die Farben lebendig werden, Klänge Geschichten erzählen und Formen ihre eigene Sprache sprechen. Hier, fernab vom Albtraum des Gewöhnlichen, finden wir einen Raum der Freiheit, in dem unsere Gedanken fliegen können wie Vögel im Himmel der Unbegrenztheit. Ich erwische mich beim Tagträumen und werde durch die Schulklingel geweckt, endlich Wochenende. Meine Mutter hat gesagt, sie will mit mir einen „Kulturtag“ oder so etwas machen. Ich habe keine Ahnung, was sie vor- hat, aber viel schlimmer als zuhause rumsitzen kann es ja nicht sein. Sie ist allen Ernstes mit mir in ein Kunstmuseum gefahren. Mit denen konnte ich schon als Kind nichts anfangen. Während sie vor jedem zweiten Bild wieder stehen blieb und unendlich lange einfach nur dastand, tobte ich herum, spielte mit allem, was ich anfassen durfte und schenkte den Bildern keinerlei Aufmerksamkeit. Doch immer, wenn wir von einem solchen Ausflug zurückfuhren, war meine Mutter anders, sie war melancholisch oder freudig, meistens nachdenklich aber immer irgendwie anders. Wenn wir dann wieder zuhause waren, war sie allerdings meistens traurig und nachdenklich. Es stellt sich die Frage, ob das, was wir als "Realität" betrachten, nicht selbst eine Art von Albtraum ist. Die Alltagsroutine, gesellschaftliche Normen und die Zwänge des Lebens können sich wie ein undurchdringlicher Nebel über unsere Sinne legen. Die Kunst durchbricht diese Schleier und lässt uns die Welt mit neuen Augen sehen. Vielleicht liegt in der vermeintlichen "Realität" der eigentliche Albtraum, während die Kunst den Weg zu einer tieferen, authentischeren Existenz weist. Denn als ich an diesem Wochenende mit meiner Mutter im Museum war, konnte ich sie verstehen. Es war wunderbar und gruselig zugleich. Meine Sinne konnten nicht verarbeiten, was ich vor mir sah. Es hätte niemals in Worte gefasst werden können. Es war als würde ich in eine neue Welt eintauchen. Ich konnte das Bild schmecken, hören, fühlen, ohne es anzufassen. Es umfasste mich vollkommen. Dennoch kann die Flucht in die Welt der Kunst auch als eine Form der Verweigerung betrachtet werden. Indem wir uns in die Fantasie flüchten, könnten wir uns der Verantwortung entziehen, die Realität zu gestalten und zu verbessern. Die Kunst sollte nicht als bloßer Rückzugsort dienen, sondern als Inspirationsquelle, um die Welt um uns herum zu transformieren. Ich konnte nicht nachvollziehen wie meine Mutter es je geschafft hatte, hier wieder fort zu gehen. Ich wollte auf ewig hier stehen und denken. Stehen und denken ohne je wieder Verantwortungen nachgehen zu müssen, ohne je wieder Klausuren schreiben zu müssen und ohne je wieder unglücklich zu sein. Als wir an diesem Tag wieder nach Hause fuhren, war es still, kein Radio, kein Lachen, keine Gespräche. Ich dachte viel nach. Darüber, was all das über mein Leben aussagte. War Alles, was ich in meinem „realen“ Leben erlebte, die Wirklichkeit oder stand alles auf dem Kopf? War die „reale“ Welt ein immer fortlaufender Albtraum und meine Träume und Fantasie das Wahre, die Wirklichkeit, das, was mein Leben ausmachte? Außerdem, was bedeutete es, für mich, für meine Familie, für meine Freunde, dass ein solches „Portal“ zu einer anderen Welt, einer von uns bestimmten, von uns kreierten Welt, gab. Diese Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich blieb wach und dachte und dann beschloss ich zu malen. Es war aufregend und belebend. Ich kreierte zig Welten und begann mir die wirkliche Welt umzugestalten. In der Synthese von Kunst und Realität könnte sich eine kraftvolle Vision entfalten: eine Welt, in der die künstlerische Freiheit die Grundlage für eine erfülltere Existenz bildet. Es liegt an uns, die kreativen Impulse aus der Welt der Fantasie zu nutzen, um die Realität zu gestalten und sie von den Schatten des Albtraums zu befreien. Denn letztendlich mag die wahre Kunst darin bestehen, die Welt nicht nur zu betrachten, sondern aktiv an ihrer Gestaltung teilzunehmen – eine Herausforderung, die uns zu wahren Schöpfern unseres eigenen Lebens macht. Nun bin ich bereits 35, eine angesehene Künstlerin. Meine Gemälde hängen nun in solchen Hallen in denen ich als Kind umhergetobt bin. Ich versuche anderer Menschen Leben zu verändern. Sie so zu inspirieren wie die Gemälde es damals mit mir getan haben. Mit meiner Kunst drücke ich aller Weltprobleme aus. Ich versuche, alle für mich erreichbaren Menschen zu inspirieren. Ich habe mir mein Leben, den Albtraum in dem ich gefangen war, so gestaltet wie ich es wollte und wie ich mich wohlfühle Das ist es, was ich in die Welt tragen möchte. Fazit: Die Harmonie von Kunst, Fantasie und Realität. In der Auseinandersetzung mit der These, dass die Welt der Kunst und Fantasie die wahre sei, während der Rest ein Albtraum darstelle, offenbaren sich nuancierte Facetten der menschlichen Existenz. Die kreative Entfaltung in der Kunst eröffnet einen Raum der Befreiung, in dem die Enge der vermeintlichen Realität aufgehoben wird. Doch in dieser Freiheit liegt auch die Gefahr der Flucht – die Kunst sollte nicht als Fluchtpunkt, sondern als kraftvolle Inspirationsquelle dienen. Die Deutung der Alltagsrealität als Albtraum mag eine radikale Perspektive sein, jedoch birgt sie die Möglichkeit, die verborgenen Schatten der Routine zu erkennen. Durch die Linse der Kunst wird die Wirklichkeit zu einem Gemälde, in dem Farben der Kreativität neue Horizonte eröffnen. Doch die Kunst allein kann nicht genügen. Die Synthese von Kunst und Realität verlangt nach einem aktiven Schöpfungsprozess, bei dem die künstlerische Freiheit nicht nur als Flucht, sondern als Instrument zur Transformation der Welt verstanden wird. Das Fazit liegt in der Herausforderung, eine harmonische Verbindung zwischen Kunst, Fantasie und Realität zu schaffen. Es ist nicht nur die Kunst, die die wahre Essenz des Lebens offenbart, sondern die Fähigkeit des Menschen, diese kreative Energie zu nutzen, um bewusst und aktiv an der Gestaltung seiner Existenz teilzunehmen. Letztendlich liegt in dieser Synthese die Möglichkeit, die Welt von Albträumen zu befreien und sie zu einem Ort zu machen, an dem die künstlerische Schönheit in jedem Moment erstrahlt.

Marlene Mey


© Janusz Korczak - Gesamtschule Gütersloh